1967 wird Oskar Negt von Hans-Jürgen Krahl auf Alfred Sohn-Rethel aufmerksam gemacht. Negt in seiner Laudatio anlässlich der Verleihung der Ehrendoktorwürde an Sohn-Rethel in der Universität Bremen am 5. Februar 1988:
„Wenn ich darüber nachdenke, wo und wann ich den Namen Sohn-Rethel zum ersten Mal gehört habe, fällt mir eine dumpfe Eckkneipe nahe der Bockenheimer Warte in Frankfurt/M. ein, wo Hans-Jürgen Krahl und seine politischen Freunde auf das Bündnis von Intellektuellen und Arbeitern regelmäßig anzustoßen pflegten. Auch ich besuchte diese Kneipe zuweilen; Krahl mich eines Nachts ins Vertrauen und stellte mir die Frage: ‚Weißt Du eigentlich, wer der originellste marxistische Kopf der Gegenwart ist?‘ Ich rätselte, nannte alle, die ich kannte; er machte dem ziellosen Ratespiel ein Ende und sagte: ‚Sohn-Rethel.‘ Ich war verblüfft: merkwürdig, ich kannte noch nicht einmal den Namen. ‚Dann lies seine Vorträge, gehalten an der Humboldt-Universität über Warenform und Denkform!‘, gab mir Krahl auf den Weg. Da wir gerade beim Trinken waren, brachten wir auf Sohn-Rethel einen Toast aus – mit einem doppelten Doppelkorn, der typischen Krahlschen Maßeinheit. Es mag 1967 gewesen sein.“
Zeitschrift Leviathan, 1988, Jg. 16, Nr. 2, S. 139-155, hier S. 142.