Seminar „Kulturtheorie der Bildung bei Burckhardt, Hegel, Bourdieu“ im SoSe 2020

Online-Seminar am Institut für Kulturwissenschaft der HU Berlin

Termin: Mittwoch 10-12 Uhr

Das Seminar setzt sich mit Bildung als kultureller Formation auseinander. Dafür sollen drei Kulturtheorien der Bildung (Burckhardt, Hegel, Bourdieu) und ein Text zu Klassismus behandelt werden.

Bildung als kulturelle Formation verstanden ist nicht in erster Linie eine Tätigkeit oder ein Ideal, sondern wird von einem bestimmten soziokulturellen Milieu getragen und repräsentiert. Dieses Milieu kann durch Bildungsdistinktion, überlegenes Gemeinschaftsgefühl und spezifische „gebildete“ Interaktions- und Urteilsformen charakterisiert werden. Bildung funktioniert dabei nur durch ein Anderes, von dem sie sich als Positives abgrenzt, d. h. von sogenannter „Ungebildetheit“, z. B. der unreflektierten Übernahme von Zeitungsnachrichten oder einer Präferenz für sogenannte seichte Unterhaltung. Diese Abgrenzung wird heute als Klassismus diskutiert, einer kulturellen Diskriminierungsform, die nicht den ökonomisch bedingten Klassenunterschieden entspricht, wenn sie auch damit verflochten ist. Die gebildeten Interaktionsformen können schließlich in eine Überordnung der Form über den Inhalt der Interaktion übergehen, so dass die Gewähltheit oder die Gewitztheit des Ausdrucks zu Kriterien für Bildung werden, nicht mehr bestimmte Kenntnisse oder Fähigkeiten.

Eine gute Vorbereitung für das Seminar ist die Lektüre der autobiographisch-soziologischen Romane „Die Jahre“ von Annie Ernaux und „Rückkehr nach Reims“ von Didier Eribon.

Wir lesen:

  • Jacob Burckhardt: „Die Kultur der Renaissance in Italien“, daraus das Kapitel über den Renaissance-Humanismus.
  • G. W. F. Hegel: „Die Phänomenologie des Geistes“, daraus das Kapitel „Die Bildung und ihr Reich der Wirklichkeit“.
  • Pierre Bourdieu: „Die feinen Unterschiede“, daraus diverse Auszüge.
  • Christian Baron: „Klasse und Klassismus. Eine kritische Bestandsaufnahme“, in: Prokla 175 (2014), S. 225-235.