Man muss die radikale Postmoderne, die ein neues Zeitalter anbrechen gesehen hat, verstehen als den Geist der Revolution von 1968 – der sich nicht eingestehen konnte, dass die Revolution 1968 gescheitert ist.
Radikal ist sie, weil sie das neue Zeitalter (Verschwinden des Menschen, Ende der großen Erzählungen) in ihren Theorie-Projekten („Der lange Sommer der Theorie“), kulturellen Praktiken und Ästhetiken (Architektur, postdramatisches Theater etc.) mit revolutionärem Impetus selbst durchzusetzen versucht hat. Aber die Postmoderne hat das Scheitern der Revolution nicht wahrnehmen wollen, ist, mit Freud gesprochen, nicht in der Lage gewesen zu trauern und hat ihren ins Ideelle verschobenen Traum der Revolution immer und immer ausagiert, geglaubt, dass sie wirklich immer noch anhält, während dem keine Realität mehr entsprach.
Aber gerade darum hat die Postmoderne die Revolution als pseudorevolutionären Ausagieren wirklich immer weiter betrieben – aber auch den Kontakt zur wirklichen Revolution, die auch eine ökonomische und politische sein muss, verloren, und sich ins Feld der reinen Kultur, der Sprache, des reinen Diskurses, zurückgezogen, weil gerade dort radikale Änderungen tatsächlich durchzusetzen waren.
Dies ist der sich über sich selbst unklare Geist der radikalen Postmoderne, der gleichwohl in seinen Grenzen emanzipatorisch war und zahlreiche progressive Erfolge im Bereich von Kultur, Sprache, Diskurs erzielen konnte.